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Kroatiens Weg in die Europäische Union - Ein steiniger Weg

19.05.2013 - BjörnAdministrator

Erste Schritte

Verbildlichung von Kroatien als EU-MitgliedSeit langer Zeit versucht Kroatien, den Anschluss an die EU zu finden und das unabhängig von der jeweiligen Regierung, die in ihren Ansichten durchaus wechselhaft waren. Viel früher als man vielleicht glauben mag, nämlich 1994, gab es erste Verhandlungen über ein Stabilisierungsabkommen, was als eine Vorstufe zur Mitgliedschaft zu betrachten ist. Durch ein solches Abkommen wird das Land auf den Beitritt vorbereitet und erhält auch finanzielle Mittel. Die damaligen Verhandlungen aber waren nicht erfolgreich.

Abbruch erster Verhandlungen

Grund dafür war die Operacija Oluja („Operation Sturm“), in deren Verlauf ein De-Facto-Regime, die serbische Republik Krajina, von Kroatien wieder eingenommen wurde. Ungefähr ein Drittel der Fläche Kroatiens war 1991 durch den nicht akzeptierten Staat weggefallen. Im Zuge der militärischen Operation kam es zu zahlreichen Kriegsverbrechen, der leitende General Ante Gotovina wurde in erster Instanz deswegen vom Internationalen Strafgerichtshof zu 24 Jahren Haft verurteilt. Dieses Urteil wurde jedoch 2012 aufgehoben, was zu großer Empörung seitens Serbien und der serbischen Bevölkerung führte. In Kroatien gilt Gotovina vielerorts immer noch als Kriegsheld, der 5. August ist zu Ehren der Operation Oluja bzw. dessen Erfolg der kroatische Nationalfeiertag.

Das Stabilisierungsabkommen tritt in Kraft

Im Allgemeinen sah die Europäische Union durchaus die Bemühungen Kroatiens. Kroatien fühlt sich, wie sogar Ante Gotovina sagte, „zivilisatorisch“ eher der EU zugehörig als anderen Staatengruppen. Am 29. Oktober 2001 wurde dann das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EU unterzeichnet, es trat am 1. Februar 2005 in Kraft.
Dieses Abkommen unterstützt die Bemühungen des Landes, gewisse Vorgaben zu erreichen. Auch andere Balkanstaaten wie Serbien, Bosnien oder Montenegro durchliefen oder durchlaufen es. Die zuvor entfallenen finanziellen Mittel standen Kroatien nun zur Verfügung. Heute gibt es nur noch das Instrument für Heranführungshilfe, kurz IPA, für Kroatien liefen Programme wie PHARE, SAPRD, ISPA oder CARDS. Von besonderer Bedeutung und mit dem 1. Februar auch schon in Anspruch genommen waren PHARE und ISPA.
PHARE steht für „Poland and Hungary: Aid for Restructuring of the Economies“. Wie der Name schon andeutet, war das Programm ursprünglich zur Unterstützung von Polen und Ungarn vor dem Beitritt gedacht, lief aber auch für andere Staaten weiter. Es dient zur Heranführung der Verwaltung an die Europäische Union und dort herrschende Standards und dem Infrastrukturaufbau, insbesondere der Anhebung auf die Gemeinschaftsstandards in den Bereichen Umwelt, Qualitätsnormen, Verkehr und Arbeitsbedingungen.
ISPA ist ein Akronym für „Instrument for Structural Policies for Pre-Accession“. Es unterstützt hauptsächlich in den Bereichen Umwelt und Verkehr.

Kroatien wird Beitrittskandidat

Nach diversen Prüfungen war Kroatien bereit für den Status als Beitrittskandidat. Jedoch kam es zu Problemen, da die Kooperationsbereitschaft Kroatiens mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Frage gestellt wurde. Eigentlich war der Verhandlungsstart für den 17. März 2005 vorgesehen, Kroatien wäre so ein offizieller Beitrittskandidat geworden. Nachdem die Verhandlungen eigentlich am 17. März beginnen sollten, kam es also zu einer Verzögerung, sodass die offiziellen Beitrittsverhandlungen einen Tag nach der Bescheinigung einer veränderten Haltung durch die Chefanklägerin des Gerichtshofs, Carla del Ponte, am 4. Oktober 2005 beginnen konnten.

Kroatien und Slowenien: Ein Grenzstreit als Vetogrund

Die Bucht von PiranJedes EU-Mitglied hat ein Vetorecht. Im Falle Kroatiens machte Slowenien davon Gebrauch. Aufgrund eines Grenzstreits zwischen Kroatien und Slowenien sah es Kroatien nicht als EU-Mitglied, weswegen die Verhandlungen zum EU-Beitritt unterbrochen wurden.
Der Konflikt dreht sich um einen schmalen Küstenstreifen, der Bucht von Piran, ein Teilstück der Adria, die zwischen Italien und Kroatien liegt. Ohne dieses Seegebiet hat Slowenien keinen Zugang zu internationalen Gewässern, was es, wohl verständlicherweise, allerdings begehrte. Außerdem leben an der Bucht von Piran in großer Mehrheit Slowenen. Deswegen berief sich das Land auf den juristischen Grundsatz „uti possidetis“, wie ihr besitzt, so sollt ihr besitzen. Kroatien dagegen argumentierte, dass nach internationalem Recht eine Medianlinie als Grenze zu nehmen sei, was bedeuten würde, dass der Wasserstreifen kroatisch ist.
Beide Länder fanden einen Kompromiss: Die Bucht von Piran fällt Slowenien zu, dafür erhält Kroatien einige slowenische Gebiete.
Aber auch dieser Kompromiss konnte nicht einfach umgesetzt werden, zunächst stimmte der Sabor, das kroatische Parlament, wohl aufgrund der öffentlichen Meinung, nicht der Vereinbarung zu, dann verzögerte sich die Zustimmung Sloweniens. Schlussendlich wurde die Entscheidung mit der Zustimmung des slowenischen Parlaments gültig, das Veto Sloweniens wurde am 29. September 2009 aufgehoben

Viele Bedingungen sind zu erfüllen

Insgesamt 34 Verhandlungskapitel gab es, also Themen, mit denen sich Kroatien befassen musste, mehr als bei jedem anderen Beitrittskandidaten zuvor. Insbesondere die Bekämpfung der Kriminalität und Korruption waren von hoher Bedeutung in den Verhandlungen. Dafür wurde 2001 eine Behörde eingerichtet, USKOK. Sie bekämpft Korruption sowie organisierte Kriminalität. Der Kampf gegen die Korruption ging soweit, dass der ehemalige Premierminister Kroatiens, Ivo Sanader, 2012 zu zehn Jahren Haft aufgrund von Korruption verurteilt wurde. Die Ermittlungen gingen von der USKOK aus.
Auch musste viel Staatseigentum privatisiert werden, beispielsweise Häfen, die zu großen Teilen insolvent waren und sind, und somit kaum gewinnbringend zu veräußern. Diese Privatisierung ist jedoch eine Bedingung für den Beitritt.
Andere Themen wie freier Warenverkehr, Freizügigkeit, Fischerei, Wettbewerbsrecht sowie weitere Kapitel mussten ebenfalls verhandelt und abgeschlossen werden. Das dauerte in der Regel mehrere Jahre.

Abschluss der Beitrittsverhandlungen und Zustimmung der Staaten

Am 24. Juni 2011 wurde unter ungarischem Vorsitz vom Europäischen Rat die Beitrittsverhandlungen offiziell für beendet erklärt. Nach dem letzten Monitoringbericht empfahl auch die Europäische Kommission am 26. März 2013 den Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union. Am 9. Dezember 2011 wurde der Beitrittsvertrag unterzeichnet.
Zuvor mussten jedoch noch sämtliche Mitgliedsstaaten sowie die kroatische Bevölkerung selber dem Beitritt zustimmen. Alle 27 Mitgliedsstaaten, das Europäische Parlament sowie Kroatien selbst stimmten zu. Bei dem Referendum in Kroatien kam es zwar zu einer eindeutigen Mehrheit von 66,25%. Kritiker jedoch forderten eine Wiederholung des Referendums, da die Wahlbeteiligung unter 50% lag und so kaum von einem Volksentscheid zu sprechen wäre. Sowohl Regierung als auch Opposition plädierten für einen Beitritt, ebenfalls General Ante Gotovina. Lediglich einige wenige Medien, so die Zeitung Danas, plädierten für eine Enthaltung. Der Sabor stimmte am 9. März 2012 dem Beitritt zu, Deutschland am 16. Mai 2013.

Der Beitritt

Am 1. Juli 2013 soll Kroatien damit Mitglied der Europäischen Union werden. Es wird nicht direkt den Euro übernehmen, Kroatisch wird Amtssprache der Europäischen Union, Kroatien wird Mitglied im erweiterten Schengenraum. Dazu und zur Entscheidungsfindung in den einzelnen Mitgliedsstaaten werden wir aber gesondert in Blogbeiträgen berichten. Auch Kroatien als EU-Mitglied werden wir interessiert begleiten.

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